Happy End für Nahia

Happy End für Nahia

 Happy End für Nahia 

Als Nahia Mitte 2017 im Alter von etwa zwei Jahren zu uns ins Little Souls Home kam, war die Skepsis dem Menschen gegenüber trotz ihres jugendlichen Alters bereits groß. Daher hofften wir, dass sie nicht allzu lange im Shelter verweilen muss und sich schnell eine Pflegestelle oder ein Zuhause findet, welches sie wieder davon überzeugen kann, dass nicht alle Menschen böses im Sinn haben. Doch leider verging Monat um Monat und schon bald waren drei Jahre vergangen. Aber wir gaben die Hoffnung nicht auf und unser Team vor Ort leistete mal wieder ganze Arbeit, sodass wir bei jedem unserer Besuche echte Fortschritte sehen konnten.  Vor allem bei der letzten Reise war Nahia so aufgeschlossen, dass sie lieber die ganze Hand, statt nur ein Leckerli genommen hätte. Streicheln lassen wollte sie sich zwar noch nicht wirklich, aber ihre Aufgewecktheit, gepaart mit Neugier und einem gesunden Appetit versprachen beste Aussichten, wenn sich doch nur endlich jemand finden ließe, der ihr eine Chance gibt. Allerdings konnte man ihr auch immer mehr ansehen, dass der Stress und das Leben auf wenigen Quadratmetern ihr immer mehr zu schaffen machte und so war es trotz ihres gesunden Appetits nicht möglich, ihr ein paar wärmende Pfunde auf den Rippen zu beschaffen und Nahia wurde immer schmaler.

Nachdem im Frühjahr 2020 die Hündin der Familie gestorben war, fehlte merklich ein vierbeiniger Begleiter an ihrer Seite. Es wurde sich zwar nicht intensiv auf die Suche gemacht, aber mit dem Thema beschäftigt und der Entschluss, dass ein neuer Hund ein schönes Leben bei ihnen haben soll, stand fest. Und wie es manchmal so läuft – über jemanden, den man kennt, der wiederum jemanden kennt – wurden sie auf Nahia aufmerksam. Es war von einer Hündin die Rede, die dringend ein Zuhause sucht und neugierig wurden sämtliche Infos angefragt. Als dann noch die Bilder von der hübschen Hundedame eintrafen, war es um sie geschehen. Ab dem Moment war klar: „Das ist unser Hund“. Sportlich, ängstlich, kein Welpe mehr und bisher auch nicht wirklich verschmust sind Eigenschaften, die nicht gerade hilfreich für die Vermittlung sind. Doch die Familie ließ sich nicht abschrecken – im Gegenteil. Nur zu gerne wollten sie diese Herausforderung annehmen und Nahia zeigen, dass es auch Menschen gibt, auf die man sich verlassen kann und die es gut mit einem meinen.

Nachdem alle Formalitäten geklärt waren, wurde sich auf alle Eventualitäten vorbereitet. Mehrere Boxen und die Grundausstattung wurden besorgt, die Neugier und Aufregung wuchs von Tag zu Tag und so freuten sie sich über jedes Update zu Nahia, das sie „live aus dem Shelter“ erreichte. Und dann endlich war es soweit – der große Tag war gekommen! Aufmerksam wurde jeder Stopp des Trapos verfolgt, um nur nicht zu spät am Treffpunkt anzukommen. Als es soweit war, der Fahrer die Tür öffnete und die Hündin in die Box im Auto trug, ließen sich die Freudentränen nicht mehr aufhalten. Während der langen Reise hatte sie scheinbar vergessen, dass sie eigentlich ängstlich ist, schlabberte ihrem neuen Frauchen durchs Gesicht und zeigte direkt ihre Zuneigung, was noch bis heute bei dem Gedanken daran für Gänsehaut sorgt. Trotz der Aufregung ließ sie sich ein paar Leckerlies schmecken und es ging auf dem kürzesten Wege nach Hause.

Von der anstrengenden Reise ließ sie sich absolut nichts anmerken und als Zuhause die Tür der Box geöffnet wurde, gab es kein Halten mehr. Die Familie hatte sich schon darauf eingestellt, dass Nahia erstmal nicht rauskommen mag und Zeit brauchen wird, bis sie alles erkundet. Daher staunten sie nicht schlecht, als besagte Hündin aus der Box stürmte, sich auf ihr neues Frauchen schmiss und schwanzwedelnd die getrockneten Freudentränen aus dem Gesicht leckte. Den restlichen Beteiligten stockte vor Sorge kurz der Atem, doch niemand wurde gefressen.  Die Freude Aller war so überwältigend, dass der Gedanke daran immer noch ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Auch, wenn Nahia sich schon ab dem ersten Moment Zuhause fühlte, ging es nach der Eingewöhnungszeit langsam, aber sicher daran, die Baustellen zu entdecken und daran zu arbeiten. Es gibt viele Neuankömmlinge, die sich unheimlich über die in Deutschland gewonnene Ruhe freuen und erstmal tagelang schlafen und es gibt diese, denen die Ruhe anfangs unheimlich ist. So fiel Nahia zum Beispiel das allein bleiben schwer. Kein Wunder, war sie doch seit Jahren nicht mehr für eine Minute für sich gewesen. Also hat die Familie lange und viel mit ihr trainiert und siehe da, das Training hat sich gelohnt. Mittlerweile bleibt sie ohne Probleme auch mal ein paar Stunden allein.  Kommen ihre Menschen aber endlich nach Hause, ist Partystimmung angesagt.
Von Anfang war ihr Beschützerinstinkt recht ausgeprägt und wehe, wenn sich jemand Frauchen nähern wollte. Lautstark und hin und wieder schnappend wurde zum Ausdruck gebracht, dass sie sie lieber ganz für sich allein hätte. Mit konsequenten Training hat sich das Ausmaß aber schon deutlich gebessert und Madame Kontrolletti hat begriffen, dass die Rangordnung hier eine andere ist, sie sich entspannen kann und ihre Menschen sich um alles kümmern. Klar, wird hier noch weiter geübt, aber alles ist auf dem besten Wege.
Passend dazu war aber auch die erste Mahlzeit sehr abenteuerlich, stand da doch plötzlich ein Vierbeiner auf dem Tisch, der alles, was darauf war, als seins erachtete und für sich beanspruchte. Da nützt kein großes Diskutieren und auch hier musste Nahia lernen, dem Futterneid ihrer Menschen nachzugeben und sich mit ihrem eigenen Fressen zu begnügen. Auch andere Hunde werden erstmal versucht unterzubuttern, damit sie sich bloß nicht bei Frauchen einschleimen können. Aber auch hier wurde ein guter Mittelweg gefunden und da man ja bekanntlich nie auslernt, macht Nahia auch hier immer weiter Fortschritte und auch Menschenbesuch im eigenen Zuhause ist für sie immer weniger aufregend. Allgemein ist ihre Bindung zu ihrer Familie so stark, dass sie sich nie weit entfernt und auch, als sie einmal selbstständig auf Erkundungstour gehen wollte, trieb sie das Heimweh direkt wieder zurück.
Während ihr Kinder anfangs noch sehr suspekt waren, ist ihr fester Platz mittlerweile im Zimmer des 13-jährigen Sohnes und sie liebt es, mit den Jungs zu toben. Spielen steht bei ihren Hobbies allgemein weit oben auf der Liste, sowie alles, was mit Wasser zu tun hat, Fressen, ausgiebig geschmust werden und natürlich noch mehr fressen.  Die Grundkommandos beherrscht Nahia mittlerweile aus dem Effeff, auch wenn ihr Sturkopf es manchmal so aussehen lässt, als würde sie zum ersten Mal davon hören. Nicht zuletzt ist dieser auch mit dafür verantwortlich, dass man um eine konsequente Erziehung nicht herumkommt, damit ihre Flausen keine Überhand nehmen. Zudem sind viel Schutz und Geborgenheit hier wichtig, damit sie ein entspanntes Leben führen kann, ohne das Gefühl haben zu müssen, sich um alles kümmern zu müssen.
Auch an Gewicht konnte sie schon ordentlich zulegen.  Mit ihren 53 cm wog sie anfangs nur 11 Kilo und ist mittlerweile bei perfekten 17 Kilogramm angekommen.

Nahia bereichert das Leben ihrer Menschen jeden Tag. Und wir sind unheimlich froh, dass es Menschen gibt, die sich ganz bewusst der Herausforderung stellen, einen Hund aufzunehmen, der voraussichtlich mehrere Baustellen haben wird und sich für alle Eventualitäten wappnen. Ohne Menschen wie euch hätten Hunde wie Nahia keine Chance. Dankeschön!